Die Zauberin

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Von dem Thaner Münster nieder hallt die Todtenglocke bang,
Schweigend in's Gebet ergossen horcht das Volk dem ernsten Klang.
Sich', die Henkensknechte schleppen aus dem Dom ein altes Weib,
Eine Zauberin der Hölle, starr, mit tiefgebognem Leib.

Dies Weib, es hat gefündigt, that verbotne Weisheit kund,
Hat gescloffen mit der Höle, mit den Gesitern einen Bund;
Schau' wie ihre Augen funkeln, wie ihr Haar im Winde wallt,
Wie die Erde sie verfluchet und die Fäuste grimmig ballt !

Ihr Verbrechen soll sie fühnen durch den graufen Feuertod,
Dort, wo himmelan die Flamme aus dem Scheiterhaufen lohn
"Und die Menge weicht zurücke und das Weib in wilder Luft
Steigt hinauf, als wie im Wahnsinn, schlägt sich an die bürre Brust.

Und sie dehnt sich hoch und höher, reckt empor den alten Leib,
Blickt mit grimmem Lachen nieder auf das Volk, eun Riesenweib.
Und es kreuzet sich Menge, doch die Alte ballt die Faust,
Ihre Rede klint wie Sturmwind, wenn er durch die Föhren faust.

"Ja ich bin's - so ruft sie gellend - die mit bösem Zaubertrug
Auf die Erde niderbrachte Unheil, Schmach und Götterfluch !
Bin der Hölle längst verfallen, steh' mit ihr in festem Bund.

"Schon seit sieben Jahren liegen eure Felder öd' un kahl,
Aus der trüben Wolke nieder lachte nie ein Sonnenstrahl;
Keine Sichel hat geklungen, keine Blume hat geblüht,
An dem Weinstock hat, dem dürren, keine Traube euch geglüht.

"Wer es that und wer's verschuldet ? Wer das Uebel euch gesandt ?
Niemand anders als ich selber, wel ihr schnöde mich verkannt,
Weil ihr..." doch die Rede stocket und dei Flamme prasselt wild
Und das Glutmeer hat verschlungen längst das alter Herenbild.

Und die Menge steht und lauschet. Niederwallt des Rauches Flor
Und ein Vogel schwarz und grausig schwingt sich aus der Glut empor.
- Sieh( da theilen sich die Wolken, freundlich glänzt der Sonne Strahl,
Und die Erbe schmückt mit Blüthen und mit Früchten sich zumal.

Hell' erklingen Vögleins Lieder, blumenreich prangt das Gefild
Und der Weinstock lohnt mit Wucher und die volle Garbe schwillt;
Alle Quellen rauschen wieder, da der Schmerzenborn zerrann:
Heisse Dankgebete steigen aus dem Münster himmelan.

Fr. Otte.
 

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